REINHOLD KIEHL

* 22. April 1874 in Danzig; † 10. März 1913 in Berlin

Zum diesjährigen 100. Todestag des Berliner Architekten und Stadtbaurates Reinhold Kiehl am 10. März

Das Rathaus Neukölln in der Berliner Karl-Marx-Straße zählt sicher zu seinen bekanntesten Bauten. Daneben schuf Reinhold Kiehl, der erste Stadtbaurat des 1905 neu errichteten Rixdorfer Hochbauamtes, zahlreiche Schulbauten, kommunale Betriebsgebäude, Wohnbauten und verkehrstechnische Anlagen. Viele Jahre prägte Kiehl das architektonische Erscheinungsbild der schnell wachsenden Großstadt Rixdorf bei Berlin, dem heutigen Bezirk Neukölln.

Reinhold Kiehl wurde am 22. April 1874 als Sohn eines Kaufmannes in Danzig geboren. Sein vierjähriges Architekturstudium absolvierte er in München und in Braunschweig. 1897 erlangte er als mehrfacher Stipendiat seinen Abschluss. In den Folgejahren war er als Bauführer in Danzig, Dresden und Berlin tätig. Nach erfolgreich absolvierter Prüfung zum Regierungsbaumeister im Dezember 1900 war Kiehl mehrere Monate als Lehrer an den Bauwerksschulen in Breslau und Hildesheim beschäftigt.

Im September 1901 trat er einen Posten als Bauinspektor in der damals noch selbständigen Stadt Charlottenburg an – der Sprung Richtung Reichshauptstadt war geschafft. In der Charlottenburger Bauverwaltung bewährte sich Kiehl u. a. als Bauleiter bei der Errichtung des dortigen Rathauses. Zudem wirkte er nebenberuflich als Assistent an der Technischen Hochschule Charlottenburg, an deren Erweiterungsbauten er ebenfalls mitwirkte.

Im Mai 1904 wurde Reinhold Kiehl zum Stadtbauinspektor in Rixdorf ernannt und im Februar des folgenden Jahres von der dortigen Stadtverordnetenversammlung zum ersten Stadtbaurat und Leiter des neuen Rixdorfer Hochbauamtes gewählt. Bis 1912 war Kiehl für das architektonische Gepräge Rixdorfs verantwortlich. Er schuf eine Vielzahl beachtlicher Bauwerke und kreierte damit einen einheitlichen städtischen Charakter. Unter seiner Regie entstanden mehr als zwölf Gemeindeschulen, eine Vorschule, eine Oberrealschule, zwei höhere Töchterschulen, eine Mädchenmittelschule und eine Realschule mit Vorschule. Hinzu kamen der Ringbahnhof Sonnenallee, das städtische Krankenhaus in Buckow, das Neuköllner Stadtbad, das Elektrizitätswerk am Weigandufer sowie die Passage in der heutigen Karl-Marx-Straße. Zwischen 1905-1909 ist das Neuköllner Rathaus entstanden. Die vier- bis fünfgeschossige Mehrflügelanlage mit dem hohen Turm ist noch immer ein markantes Bauwerk des Bezirks. Die Trennung von Verwaltungs- und Repräsentationsbereichen galt für die damalige Zeit als neuartig. Schließlich stammt auch das Bauensemble am Eingang zum Alten St. Jacobi-Friedhof (1911-1912) an der Karl-Marx-Straße aus dem Entwurfsbüro des Stadtbaurats Reinhold Kiehl. Schon ein Jahr nach Errichtung des Ensembles wurde Kiehl auf dem selbigen Friedhof beigesetzt.

Offensichtlich besaß das Neuköllner Hochbauamt unter Kiehl einen guten Ruf – junge Architekten wie Max und Bruno Taut, Ludwig Mies van der Rohe und Franz Hoffmann waren hier vorübergehend beschäftigt. Im September 1912 beendete Kiehl seine Tätigkeit im Hochbauamt und wurde zum hauptverantwortlichen Stadtplaner des neu gegründeten Zweckverbandes Groß-Berlin berufen. Nun war er für die planerische Bildung der Einheitsgemeine Groß-Berlin zuständig, deren Gesetz 1920 verabschiedet worden ist und damit das alte Berlin, 7 Städte, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke zur Stadt Berlin zusammengeschlossen wurden.

Inmitten seiner Amtsausübung, an seinem Schreibtisch sitzend, verstarb der erst 39-jährige Reinhold Kiehl infolge eines Herzinfarktes am 10. März 1913. Unter großer öffentlicher Anteilnahme wurde er in einem Ehrengrab auf dem St. Jacobi Friedhof in Berlin-Neukölln beigesetzt.

Wandtafel Kiehl

Wandgrab Kiehl

Das Wandgrab aus hellem Travertin wurde 1914 von Johannes Borgwardt, Architekt und Angestellter des Rixdorfer Hochbauamtes, entworfen. In der bogenförmigen Nische der gesockelten Blendfassade befindet sich eine Inschriftplatte in der in dunklen Versalien die Lebens- und Sterbedaten Reinhold Kiehls gemeißelt sind. Der Sockelbereich darunter ist mit einer gebundenen Lorbeergirlande geschmückt. In den Zwickeln der Rundbogennische sind Rosetten eingelassen. Das Tympanon des mit einem Profilgesims abgesetzten Giebels trägt mittig einen Schmetterling in einem aus Efeu gewundenen Ehrenkranz. Die ehemaligen schmiedeeisernen Gitter der Grabeinfassung sind nicht mehr vorhanden. Die ursprünglichen Travertinsockel der Gitter bilden heute die Umschließung der Grabstätte. Anlässlich des 100. Todestages ist die Grabanlage jüngst restauriert worden.

Text und Fotos: Juliane Bluhm

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