CARL LEOPOLD NETTER

* 29. Januar 1864 in Bühl (Baden); † 14. Juni 1922 in Baden-Baden

Zum diesjährigen 93. Todestag des Industriellen, Mäzens und Gemeindefunktionärs

Carl Leopold Netter war der Sohn eines Bühler Eisenwarenhändlers. Er führte das väterliche Unternehmen, in dessen Leitung er nach dem Tod seines Bruders Emil Netter 1885 einstieg, zu bedeutendem wirtschaftlichen Erfolg. Die Firma, die bereits 1873 unter dem Namen ‚Wolf Netter & Jacobi‘ durch Salomon Jacobi auch in Straßburg etabliert werden konnte, wurde unter Leitung von Carl Leopold und Josef Netter zu einem der führenden Stahlwarenhersteller. Unter Netters Direktion stand insbesondere das zum Unternehmen gehörende Werk in Berlin-Adlershof. In Berlin war er Mitglied des Ältestenrates der Kaufmannschaft und ehrenamtlich als Handelsrichter bei der Kammer für Handelssachen am Landgericht I tätig.

Als Mitglied der jüdischen Gemeinde übernahm er verschiedene Funktionen. So war er Vorsitzender der Baukommission und von 1915-20 Vorstandsvorsitzender des Jüdischen Krankenhauses. Als Kultusbeauftragter gehörten auch die Belange des Bestattungswesens der Gemeinde zu seinen Aufgaben. Er förderte die ‚Hochschule für die Wissenschaft des Judentums‘ und die ‚Jüdische Colonialisationsgesellschaft‘ sowie den ‚Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens‘. Seiner Geburtsstadt Bühl stiftete Netter 1902-05 Mittel zur Anlage des Stadtgartens und für den Bau eines stählernen Aussichtsturmes. Er förderte hier zudem die Realschule und die Gewerbeschule. Der von Max Liebermann porträtierte Kommerzienrat Carl Leopold Netter, war seit 1906 Ehrenbürger von Bühl. Der Universität Heidelberg ermöglichte Netter die Einrichtung eines ‚Seminars für rechtswissenschaftliche und rechtsvergleichende Studien‘; dazu stiftete er 1918 eine Professur. Die Juristische Fakultät verlieh ihm 1917 den Titel eines Ehrendoktors.

Grab Netter

1893 starben nach dem Genuss verdorbener Austern Netters junge Ehefrau Clara Bloch (1872-1893) und die Ehefrau des verschwägerten Apothekers Dr. Jacob Lewinsohn, Cécilie Netter (1867-1893). Den beiden jungen Müttern ließen die Witwer ein gemeinsames Erbbegräbnis einrichten. Schöpfer des prächtigen Grabmals in Gestalt einer schmiedeeisernen Rosenlaube war der Kunstschmied Marcus Fabian. Da auf jüdischen Friedhöfen lebender Blumenschmuck traditionell verboten war, gab es gerade auf dem durch eine liberalere Handhabung der Vorschriften gekennzeichneten Friedhof Weißensee viele geschmiedete Grabmäler mit reichem floralen Schmuck. Nur Weniges davon hat die kriegsbedingten Abräumungen von 1942/43 überstanden. Die starke Farbigkeit des Grabmals konnte nach Befund bei der Restaurierung 2002 wieder hergestellt werden.

Text: Jörg Kuhn
Foto: Eckard Jonalik

Text abrufbar über die Friedhofs-App www.wo-sie-ruhen.de unter dem Jüdischen Friedhof, Berlin-Weißensee

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