Hugo Distler
Professor, Komponist, Hochschullehrer
* 24.6.1908
† 1.11.1942
Südwestkirchhof Stahnsdorf
Hugo Distler wächst bei seiner Großmutter Kunigunda und ihrem zweiten Mann Johann Michael Herz, einem Viehhändler, in Nürnberg auf. Durch die Inflation von 1923 verarmt, lebt die Familie in bescheidenen Verhältnissen. Distler ist gezwungen die Privatmusikschule von Carl Dupont zu verlassen, hat jedoch das Glück, dass Dupont ihn unentgeltlich weiter unterrichtet.
1927 beginnt er am Leipziger Landeskonservatorium für Musik seine akademische Ausbildung, muss jedoch drei Jahre später das Studium aus finanziellen Gründen abbrechen. Eine Organistenstelle an der Lübecker Jacobikirche sichert von 1931-37 sein Auskommen. Unter dem Einfluss des Jacobi-Pastors Axel Werner Kühl entstehen nun Distlers frühe Kompositionen, darunter sein Jahreskreis op. 5, eine Sammlung von 52 kleinen geistlichen Chormusiken, die Deutsche Choralmesse, seine Choralpassion op. 7 und die Orgelpartita „Nun komm, der Heiden Heiland“ op. 8 Nr.1.
Im Oktober 1933 wird Distler an das neugegründete Staatskonservatorium in Lübeck berufen, wo er 1935, gegen den Widerstand des NS-Staatskommissars Ulrich Burgstaller und durch entgeltlose Arbeit für einen politischen Festakt, die Einrichtung eines Kirchenmusikalischen Instituts etablieren kann.
Er heiratet im Oktober 1933 die Lübecker Lehrertochter Waltraud Thienhaus (gest. 1998). Das Paar hat drei Kinder, darunter die Tochter Barbara, die 2008 eine Biographie ihres Vaters unter dem Titel „Hugo Distler – Lebensweg eines Frühvollendeten“ veröffentlicht.
Zunehmend gerät Distler im Spannungsfeld zwischen den nationalsozialistischen ‚Deutschen Christen‘ und der ‚Bekennenden Kirche‘ in politische Konflikte. Seine eigene Haltung zum NS-System ist durch große Unsicherheit geprägt.
Konkrete Probleme, wie Aufführungsverbote und in Berlin dann die Verhinderung von Chorarbeit durch Inanspruchnahme der Chorknaben für Aktivitäten der Hitlerjugend, aber andererseits auch der Aufbau von stabilisierenden Freundschaften aus dem Kreis der Bekennenden Kirche, kennzeichnen die Lebensrealität des unermüdlich schöpferisch tätigen Komponisten.
1940 wird er Professor an der Hochschule für Musik in Berlin. Im April 1942 übernimmt Distler die Leitung des Berliner Staats- und Domchores und bezieht eine Dienstwohnung in der Nähe des Doms. Die Konflikte mit HJ-Obergebietsführer Karl Cerff, der das Ende christlicher Musik herbeizwingen will, nehmen zu. Am 14. Oktober 1942 erhält Hugo Distler, der um keinen Preis töten will, seinen 6. Gestellungsbefehl. Am 1. November tötet er sich selbst.
Sein Grab schmückt ein schlichtes Holzkreuz mit dem Relief einer Kirchenorgel.