FERRUCCIO BUSONI

* 1. April 1866 in Empoli bei Florenz; † 27. Juli 1924 in Berlin

Zum diesjährigen 147. Geburtstag des italienischen Komponisten und Pianisten

Ferruccio Benvenuto Busoni wurde am 1. April 1866 als Sohn des italienischen Klarinetten-Virtuosen Ferdinando Busoni und der deutsch-italienischen Pianistin Anna Weiß-Busoni in Empoli, einem kleinen Städtchen in der Toskana, geboren. In Triest, der Heimat der Mutter, wuchs der musikalisch äußerst begabte Ferruccio zweisprachig auf und wurde von seinen Eltern unterrichtet. Die frühe musikalische Förderung fruchtete schnell – bereits mit sieben Jahren trat Ferruccio als Solist auf, kurze Zeit später entstanden erste eigene Kompositionen. Als Zwölfjähriger dirigierte er sein heute verlorenes „Stabat Mater“ sowie zwei „Ave Maria“ aus eigener Feder.

Ab 1875 studierte er am Wiener Konservatorium. Mit 15 Jahren wurde Busoni in Bologna zum Mitglied der Academia Filharmonica di Bologna ernannt. In Wien lernte er Brahms kennen, auf dessen Empfehlung er ab 1886 in Leipzig bei Carl Reinecke studierte. Um sein Talent weiter zu fördern und sein Können vielerorts vorzustellen reiste der begabte Pianist europaweit. Nachdem er für einige Jahre verschiedene Lehrämter in Helsinki, Bosten und New York innehatte, ließ er sich 1894 in Berlin nieder. Vier Jahre zuvor heiratete er in Moskau Gerda Sjöstrand (1862-1956), die Tochter eines schwedischen Bildhauers. Von seinen beiden Söhnen wurde Rafaello Busoni (1900-1962) ein begabter Graphiker und Zeichner.

Bis auf Konzert- und Unterrichtsreisen und einen schweizerischen Exilaufenthalt während des ersten Weltkrieges blieb Berlin Busonis ständiger Wohnsitz. 1920 übernahm er an der Berliner Akademie der Künste eine Meisterklasse für Komposition, die später von Arnold Schönberg (1874-1951) übernommen wurde. In immer stärkerem Maße engagierte sich Busoni für die zeitgenössische Musik. Während seiner Berliner Konzerte wurden zahlreiche Werke moderner Komponisten, wie Béla Bartók (1881-1945) oder Jean Sibelius (1865-1957), uraufgeführt. Zudem galt er als viel beachteter Musikschriftsteller. In seiner berühmtesten Schrift, dem „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst“ von 1907 formulierte er kritische Gedanken über die damals noch aktuelle „Programm-Musik“ und plädierte zur losgelösten „Absoluten Musik“, die frei von jeglichen nicht-musikalischen Einflüssen ganz ihrer eigenen Bestimmung verpflichtet sein sollte. Weiter äußerte er Überlegungen zu neuen Tonsystemen mit Drittel- und Sechsteltönen und dachte über die Möglichkeiten elektrischer Musikinstrumente nach.

Busonis Oeuvre umfasst mehr als 300 Kompositionen. Neben seinen Klavierkompositionen und -bearbeitungen stehen besonders die Bühnenwerke im Mittelpunkt seines musikalischen Schaffens. Aus der Fülle seiner Klavierwerke stechen vor allem die Bach-Bearbeitungen heraus. Mit seiner Oper „Die Brautwahl“ nach E. T. A. Hoffmann feierte der italienische Komponist 1912 in Hamburg große Erfolge. Es folgten die beiden Opern „Turandot“ und „Arlecchino“. Den Text zu seinem letzten Bühnenwerk „Dr. Faust“ begann er 1914. Die dazugehörige musikalische Komposition konnte Busoni nicht mehr zu Ende bringen. Sein Schüler Philipp Jarnach (1892-1982) vollendete das Stück, das 1925 – ein Jahr nach Busonis Tod – in Dresden uraufgeführt wurde.

Bis zu seinem Tod am 27. Juli 1924 wohnte Ferruccio Busoni am Viktoria-Luise-Platz 11 in Berlin-Schöneberg. Eine Gedenktafel erinnert dort an ihn. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Friedhof in der Stubenrauchstraße in Berlin-Friedenau an zentraler Stelle im vorderen Eingangsbereich.


Der Berliner Bildhauer Georg Kolbe (1877-1947) lieferte den Entwurf zur Grabmalsgestaltung. Kolbe wurde vom Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung beauftragt, ein Grabdenkmal für den bedeutenden Musiker zu schaffen. Auf einem schlanken, nach oben breiter auslaufenden Sockel steht die Bronzefigur eines jugendlichen Genius. Beinahe kniend und mit geschlossenen Augen streckt der Schutzgeist die Arme seitlich in die Höhe. Die scharf angewinkelten Hände und die kubistisch gebrochenen Gewandpartien vermitteln eine ausdrucksstarke Dynamik. Die vielansichtige Plastik erinnert an Werke des italienischen Futuristen Umberto Boccioni (1882-1916), der das avantgardistische Gestaltungsprinzip der Vielperspektivik um den Aspekt der Dynamik erweiterte. Kolbes Genius war ursprünglich für ein Denkmal des 1922 ermordeten Außenministers Walter Rathenau gedacht. Eine Skizze zum Rathenau-Denkmal zeigt eine Skulptur auf einem hohen Sockel, die der des Busoni-Grabes sehr ähnlich ist. Der Entwurf wurde jedoch in dieser Form nicht realisiert und so ist zu vermuten, dass Kolbe die Idee drei Jahre später für das Grabmal Busonis wieder aufgriff.

Text und Fotos: Juliane Bluhm

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