Curt Agthe (1862-1943) – Der unentdeckte Maler

Sonderausstellung vom 01.04. – 17.06.2012 im Reichsstadtmuseum Rothenburg ob der Tauber

In einem kleinen Seitenkabinett des Reichsstadtmuseums entdeckt der aufmerksame Besucher fünf relativ kleinformatige Ölbilder. Sie sind eher unauffällig, um nicht zu sagen düster, und stehen damit in starkem Kontrast zu den oft heimeligen und weichgezeichneten Stadtansichten Arthur Wasses oder Wilhelm Schachts. Wenn man sich aber auf sie einlässt, eröffnen sie dem Betrachter neue Perspektiven der Rothenburger Kunstgeschichte.

Curt Agthe, der Maler dieser Bilder, wurde am 28. Juli 1862 geboren und sein Geburtsjahr wird nun zum Anlass genommen, zum 150. Geburtsjahr eine kleine, aber feine Rückschau mit seinen Bildern zu wagen. Vieles ist nicht bekannt über ihn, das berühmte „Thieme-Becker-Künsterlexikon“ listet nur einige dürre Daten auf: Als Kurt Friedrich Coelestin Agthe kam er in Berlin als Sohn eines Klavierbauers zur Welt. Von seinem Vater hat er wohl einen Gutteil seines musikalischen Talents geerbt, denn er spielte ganz passabel Geige. Wie er allerdings zur Malerei kam, ist unbekannt, sein Lehrer an der Berliner Akademie war Professor Max Michael, der vor allem durch seine biedermeierhaften Genrebilder bekannt geworden war. Von mindestens 1891 bis 1939 war Agthe Mitglied im Verein Berliner Künstler. In mehreren bedeutenden Kunstausstellungen um die Jahrhundertwende waren seine Werke zu bewundern. 1943 wird er in Berlin auf dem Friedhof der Dreifaltigkeitsgemeinde II in der Bergmannstraße beigesetzt.

Genauso wie vieles in seiner Biographie bleibt die Beziehung zu Rothenburg im Dunkeln. 1887 ist Agthe bereits zum ersten Mal in der Tauberstadt, wie ein kleinformatiges Ölbild beweist. Die anderen Rothenburg-Bilder sind erst in den zwanziger Jahren des 20. Jhds. entstanden. Sie zeigen erstaunlicherweise nicht die „populären“ Ansichten der Stadt wie z.B. das allgegenwärtige Plönlein, das monumentale Rathaus oder einen imposanten Stadtturm, sondern sehr versteckte Ecken und Winkel, in die sich kaum je ein Einheimischer verirrt. So mag die Partie an der Eich noch eine helle und luftige Aussicht bieten (diese wird aber gar nicht gezeigt, sondern der ehe enge Weg nach Süden), doch der düstere Innenhof eines Handwerkerhauses oder der im Nichts endende Weg des Fuchslochs sind doch sehr sperrige Kunststücke, die kaum ein Künstler vor oder nach ihm zu porträtieren wagte. Und selbst wenn er einmal eine konventionelle Vedute wählt wie den Röderturm, so presst er ihn in ein ungewöhnliches Querformat und stutzt damit die vermeintliche Reichsstadt-Herrlichkeit auf ein Miniaturmaß herunter.

Dabei war Agthe kein Maler, der ständig nach sinistren Orten suchte. Er war sicherlich sehr gesellig, das beweist schon der Eintrag in das Besucherbuch des ehemaligen Rothenburger Oberbürgermeisters Fritz Liebermann, wo er sich am 30. Oktober 1923 zusammen mit Hans Prentzel und einem befreundeten Ehepaar einträgt und dabei inschriftlich einen „Circulo Italiano“ gründet.

Bei aller Wertschätzung der Kunst Agthes wäre mit den wenigen Werken des Reichsstadtmuseums diese Rückschau etwas mager ausgefallen. Und so ergab ein glücklicher Umstand, dass einige Leihgeber die Palette des Künstlers stark erweitern konnten. Allein 23 Bilder kommen aus Pappenheim, wo ein Sammler die Werke Agthes sehr schätzte und bei dem auch biographische Überschneidungen mit denen seiner Verwandten festzustellen sind. Ein Porträt Agthes wird aus Berlin ausgeliehen und auch aus Rothenburg geben Sammler einige Werke dazu.

(Dank an Dr. Jörg Kuhn für Informationen und Abbildung)

weitere Informationen zu Curt Agthe siehe wikipedia

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