1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Gerson von Bleichröder
Bankier
* 22.12.1822
† 19.02.1893

Jüdischer Friedhof Berlin, Schönhauser Allee
Nr. 6 (www.wo-sie-ruhen.de)

Der Geheime Kommerzienrat Gerson von Bleichröder war eine der prägenden Gestalten im Preußen des 19. Jahrhunderts. Er übernahm das 1803 von seinem Vater Samuel Bleichröder (1779-1855) als Wechselstube in Berlin gegründete Bankhaus ‚S. Bleichröder‘ und machte es zu einem der führenden Geldhäuser. Als Berliner Vertreter der Rothschilds international angesehen, wurde Bleichröder von Reichskanzler Otto von Bismarck und auch von König Wilhelm I. von Preußen als wirtschaftlicher Berater herangezogen. Besonders bei Fragen zur Förderung und später dann zur Verstaatlichung der privaten Eisenbahnen, aber auch bei diplomatischen Sonderaufträgen war Bleichröders Rat gefragt. Dem Kaviargenießer Bismarck beschaffte er en passant den leicht verderblichen Rogen ganzjährlich mit Eilboten aus dem Zarenreich. 1872 wurde der Bankier, ohne das Judentum zu verlassen, vom Kaiser in den erblichen Adelsstand erhoben. Obgleich Bleichröder viel Geld für wohltätige Zwecke spendete, so etwa 1 Million Mark für den Bau eines Krankenhauses für Lungen- und Diphtheriekranke, war sein Ansehen in der preußischen Gesellschaft stark getrübt. Die rauschenden Feste, die Bleichröder in seiner von Martin Gropius entworfenen Villa in der Berliner Straße 170 in Charlottenburg gab und auch die Einladungen zu den Hofbällen im Berliner Schloss konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Parvenü zwar als erfolgreicher Bankier, nicht aber als gleichwertiger Angehöriger der Oberschicht betrachtet wurde. Als öffentliche Person war Bleichröder das Ziel zahlloser antisemitischer Angriffe. Eine kurze und unersprießliche Affäre mit einer wenig anziehenden, dafür um so geschäftstüchtigeren Frau Croner, die sich als sein Opfer stilisierte, schürte die Abneigung gegen den Mann. Sein schroffes Auftreten gegenüber gesellschaftlich geringer gestellten Personen und auch gegenüber Glaubensgenossen kostete ihn manche Sympathie.

Als 1881 seine Frau Emma geb. Guttentag starb, bat Bleichröder den damals überaus bekannten Bildhauer Reinhold Begas (1831-1911) um einen Kostenvoranschlag für ein marmornes Mausoleum. Die veranschlagte Summe war offenbar selbst einem reichen Mann zu hoch und so wurde, vermutlich von einem anderen Bildhauer, ein kleineres, neubarock verziertes Monument aus wertvollem Carrara-Marmor errichtet. Fast erblindet, starb Bleichröder 1893. Er hinterließ seinen drei Söhnen ein Vermögen von etwa 100 Millionen Mark. Die Erben ließen sich 1913 auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde ein prächtiges Mausoleum bauen. Es wurde 1950 abgerissen.

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