1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
Abraham Geiger
Theologe, Rabbiner, Orientalist
* 24.05.1810
† 23.10.1874
Jüdischer Friedhof Berlin, Schönhauser Allee
Nr. 10 (www.wo-sie-ruhen.de)
Der Theologe Abraham Geiger und sein Bruder Salomon Geiger (1792-1878), zwei der Söhne des talmudisch gelehrten Michael Lazarus Geiger (1755-1823), stammten aus einer streng orthodoxen Familie. Sie wurden seit frühester Kindheit im jüdischen Schrifttum unterrichtet, Abraham bereits als Dreijähriger. Für ihn schloss sich begleitend ein Privatunterricht in Latein, Griechisch, Deutsch und Arabisch an. An den Universitäten von Bonn und Heidelberg vervollständigte der hochbegabte Abraham Geiger seine Ausbildung. Nach dem Abschluss des Studiums 1832 amtierte er nacheinander als Rabbiner in Wiesbaden, Breslau und Frankfurt am Main. Mit 60 Jahren wurde Geiger für vier Jahre Rabbiner der Berliner Gemeinde. Er galt als bedeutender Kanzelredner. Es war ihm die Gabe geschenkt, seine Zuhörer zu fesseln. Den größten Teil seiner Kraft widmete er der Erforschung der Geschichte des Judentums. An der seit 1872 bestehenden ‚Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums‘ wirkte er als bekannter Orientalist. Er trug dazu bei, dass sich die Berliner Wissenschaftseinrichtung – neben dem Breslauer Seminar – zur wichtigsten Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner entwickelte. Heute trägt das 1999 gegründete ‚Abraham Geiger Kolleg‘ an der Universität Potsdam seinen Namen. Es ist das erste Rabbinerseminar in Mitteleuropa nach der Schoah. Das Kolleg wird getragen durch den Bund, das Land Brandenburg und die Kultusministerkonferenz, den Zentralrat der Juden in Deutschland und die ‚Leo Baeck Foundation‘. Es bietet eine akademische Rabbinerausbildung im Rahmen einer staatlichen Universität. Ziel ist das Verständnis des Judentums in einem pluralistischen Zusammenhang. Seit 2007 bildet das Abraham Geiger Kolleg auch Kantoren aus. An Geiger, den Vorkämpfer eines liberalen Judentums, erinnert auch der am Kolleg angesiedelte, im Jahr 2000 gestiftete ‚Abraham Geiger Preis‘, mit dem Verdienste um das Judentum in seiner Vielfalt gewürdigt werden. Preisträger sind unter anderem der Politikwissenschaftler Alfred Grosser, Karl Kardinal Lehmann sowie Prinz Hassan bin Talal von Jordanien.
Der Grabstein aus poliertem Granit ist ein gesockelter Obelisk, wie er für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und noch im frühen 20. Jahrhundert als typisch angesehen werden kann. Zahlreiche Gelehrtengräber auf Berliner Begräbnisplätzen wurden konfessionsübergreifend mit derart gestalteten Grabzeichen geschmückt. Gesetzt hat den Stein laut Inschrift „Die jüdische Gemeinde Berlin / ihrem unvergeßlichen Lehrer und Führer, dem Rabbiner / Dr. Abraham Geiger“.