1.700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland

Jüdischer Friedhof Altona (Hamburg)
Jacob Rafael Cohen Belinfante
Kantor
* 1708
† 26.6.1761
(wo-sie-ruhen.de Nr. 23 FriedhofsApp)

Rabbiner und Kantoren der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde Hamburgs berufen sich bis zum gewaltsamen Ende ihrer Gemeinde auf ein Manuskript, das der Kantor Jacob Rafael Cohen Belinfante 1753 im Auftrag der Hamburger Gemeinde verfasst hatte. Mit Abraham Cohen Pimentel, Jacob Bassan, Abraham Meldola und Jehuda Cassuto gehört Belinfante zu den zahlreichen in Amsterdam geborenen und ausgebildeten Kantoren und Rabbinern, die in Hamburg amtieren. In Amsterdam kommt Jacob Rafael Cohen Belinfante 1708 als Kind des 1676 in Belgrad geborenen Joseph Cohen Belinfante und der Paloma Manganat zur Welt. Um 1745 wird er als Kantor (Hazan) und Schreiber (Sofer) an die Hamburger Gemeinde berufen, in der Mitglieder seiner Familie schon seit längerer Zeit leben. Von seiner Hand stammen zwei (heute verschollene) illustrierte Hochzeitsgedichte: Das eine zeigt das Brautpaar Mose Abudiente und Rahel Curiel mit Mose im Nankingschlafrock und Rahel im Schäferkostüm des Rokoko, sowie den Schwiegervater in Predigertracht. Das andere zeigt das Brautpaar Simson Abudiente und Ribca Curiel mit Simson und seinen Eltern vor dem Bienenschwarm im Löwenleibe sowie Ribca am Brunnen bei der Ankunft Eliezers. Belinfante schreibt und illustriert auch eine sich heute in Portugal befindliche Megillat Ester (Ester-Rolle). Zu seinen einflussreichsten Handschriften jedoch gehört das 1753 mit Szenen aus dem Leben Jacobs illustrierte Minhagimbuch oder „Buch der Traditionen“ („Livro dos Minhagim“) der Hamburger Gemeinde. Dieses Manuskript gelangt nach dem Zweiten Weltkrieg nach Jerusalem, wo es heute in der Bibliothek des Ben-Zvi-Instituts verwahrt wird.

Die portugiesische Inschrift ist ein Grabgedicht und lautet übersetzt: So gut fühle ich mich in meinem Unglück, nachdem ich mein Gut verloren habe, dass das Gute mir nun schlecht erscheint und das Schlechte gut. Das Glück einer Belohnung konnte ich erst nach großem Leiden gewinnen.

Die Übersetzung der hebräischen Inschrift lautet: Grab des Hazan Jacob Refael Cohen Belinfante, seine Ruhe in Ehre. Verstorben am Heiligen Sabbat, dem 24. des Monats Sivan des Jahres „Und Du wirst das Aufrechte in seinen Augen tun“ nach der kleinen Zählung. Dies sind die Verse, die der Verstorbene zu seinen Lebzeiten verfasste: Schau auf den Ort, der voller Verzweiflung ist; und jeder, der in ihm wohnt, ruht im Schweigen. Schmerzen sind da, Leiden und Schande für einen Mann, der nicht die ganze Lehre bewahrte. Erinnere dich daran, wenn Du noch Kraft zum Atmen hast. Und lobe den Herrn und betrachte die Dinge, als ob es sie nicht geben würde. Halte die Religion der Freiheit in dem Innersten Deines Herzens. Dann wirst Du für Dich eine angenehme Welt erben. Seine Seele ruhe in Frieden.

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